„Kommerzschweine!“: Adblocker-Blocker und die Freibier-Leserschaft

29. Januar 2013

Paywall-Experimente hin oder her: Online-Journalismus in Deutschland funktioniert derzeit nur werbefinanziert. Ein immer größerer Teil der Websurfer bekommt von Online-Werbung dank Browser-Extensions aber wenig zu Gesicht. Wehrt sich ein Verlag, droht der Shitstorm.

Von Adblocker-Nutzern – im IT-Umfeld, in dem ich mich als angestellter Journalist bei heise und t3n bewegte, machen sie inzwischen deutlich über ein Drittel der gesamten Besucherschaft aus – hört und liest man immer wieder, ansich hätten sie ja gar nichts gegen Online-Werbung. Aber die derzeit eingesetzten Formate lenkten die Aufmerksamkeit zu sehr von den eigentlichen Inhalten ab, fräßen Ressourcen, erhöhten Ladezeiten…

Das lässt sich alles nicht abstreiten, aber: Der Besuch von bestimmten Websites ist nach wie vor keine Bürgerpflicht, bei Nicht-Gefallen des Gesamtpakets „Content plus Werbung“ ist in meinen Augen Nicht-Besuch der ehrlichere Weg. Wenn ich den Käse-Preis im Supermarkt als zu hoch empfinde, schlage ich nicht ein beim Deal und kaufe mir was anderes, statt ihn unbezahlt aus dem Geschäft zu schmuggeln. Und nur weil das eine einfacher und gesellschaftlich tolerierter ist als das andere, …?

Teaser_GameOne_Player

Achja, der Anlass zum Posting: gameone.de hat heute announciert, sämtliche Videos der Plattform seien nur noch mit ausgeschaltetem Adblocker ansehbar. Die Spitzmarke in der Überschrift dieses Artikels war einer der ersten Kommentare. Nicht verschwiegen werden sollen auch die vielen positiven und verständnisvollen Reaktionen, aber die „Freibier“-Mentalität ist gerade auf journalistischen Online-Angeboten noch sehr ausgeprägt  – und das inkludiert eben nicht nur Gratis-Zugang, sondern auch Werbefreiheit.

Keine Frage: Heutige Online-Werbung nervt – das versteht immer mehr die Werbeindustrie, und sogar Adblocker-Entwickler machen die Sperre ihrer Produkte teilweise für „akzeptable“ Anzeigen durchlässig (was ihnen wiederum viel Hass aus der Nutzerschaft entgegenbringt). Aber dem unbefriedigenden Status Quo durch AdBlocker zu begegnen (und es den damit ziemlich real finanziell betrogenen Journalisten dann auch noch stolz ins Gesicht zu sagen, wie ich’s schon mehrfach auf Barcamps und ähnlichem erlebte) – naja. Auch würde ich mir etwas mehr Offenheit gegenüber neuartigen Formaten wie Native Ads / Sponsored Posts wünschen, die in meinen Augen oftmals etwas einseitig als Gefahr für den Journalismus dargestellt werden (statt als Chance für dessen saubere Finanzierung).

 

5 responses to „Kommerzschweine!“: Adblocker-Blocker und die Freibier-Leserschaft

  1. verständliche, gute und mutige aktion der gamesone.de kollegen! wer die videos gern sehen mag, wird dem adblocker die ausnahme schon hinzufügen. total legitim dieser schritt. quasi genauso legitim wie den adblocker anzulassen. everybody is freeeeeeeee! ;)

  2. Hi,
    also den Käse müsste ich auf „ehrlichen Weg“ im Supermarkt kaufen. Und den gestellten Content einer Seite kaufe ich nicht ,auf dem ehrlichen Weg. Ich habe nie einen Vorgang der Bezahlung, wenn ich mir Werbung ansehen. Es wird im Prinzip nur durch mich passiv -je nach werbeform- verdient. Was auch völlig (aus meiner Sicht) ok ist ,die Leute wollen ja schließlich auch die Seite betreiben…

  3. Hi Johannes. Interessantes Posting! Kurz zur Klarstellung: Ich halte native ads in einem bestimmten redaktionellem Umfeld für gar nicht problematisch. Es bedarf bloß einer eindeutigen Kennzeichnung, die klipp und klar aufzeigt, dass es sich hierbei um Werbung handelt. Ferner halte ich es für unabdingbar, politische Anzeigen und politische Artikel voneinander zu trennen. Was Buzzfeed zur US-Wahl angestellt hat, war einfach echt krass. Kurz zusammengefasst: Dort, wo ich als Kunde seriöse Berichterstattung erwarte (Politik, Wirtschaft, Gesellschaft), will ich keine native ads sehen.

  4. Ich verstehe dich. Euch. Aber solange es Hacker gibt, die Ad-Server missbrauchen um Malware auszuliefern, solange es Pop-Up, Pop-under, pop-wasweissich und Skyscaper Anzeigen gibt, solange es Werbung gibt, die ungefragt Töne abspielt oder bunt blinkt, solange werde ich Werbung blocken. Da hilft es auch nicht, wenn ich einzelne Domänen ausnehme, denn wer sagt mir, das die nicht auch über gehackte Ad-Server Malware ausliefern. Kann ich mich drauf verlassen, dass bei Content-Anbietern immer fähige Admins und Business-Entscheider sitzen, die ein Auge aus so etwas haben? Nein. Also werde ich weiter blocken. Unabhängig davon, dass ich keine Lust habe von, in der Regel ausländischen, Werbeanbietern in Tracking-Cookie-Geiselhaft genommen oder bis zur Unterwäsche sonstwie durchgetrackt zu werden.

    Wenn das bedeutet, dass ich dann zukünftig einzelne Angebote nicht mehr zu sehen bekomme, dann ist das Ok so. Damit muss und kann ich leben. Und wenn ich den Content vermisse, kann ich mir ja immer noch überlegen, ob ich über die Paywall klettern möchte.

    Apropos pay: macht euch (ihr Journalisten und sonstige Urheber) bitte für einen sichern, einfachen und transparenten Micro-Payment Dienst stark. Vielleicht so wie Flattr, aber bekannter, akzeptierter. Und auf möglichst vielen Seiten verfügbar.

    Was ich auch selten sehe, sind Affiliate-Links. Warum z. B. hat t3n (nur um einen beliebigen Verlag zu nennen) keine Ecke mit Buch- oder Software Empfehlungen mit Links zu den entsprechenden Amazon-Seiten zu speziellen Themen, ‚kompetent zusammengestellt‘ von einem Redakteur? Solange das abgegrenzt ist und ‚wir verdienen daran und finanzieren uns damit auch‘ drüber steht, hätte ich keine Probleme bei Bedarf das Buch, oder die Software, über diese Seite zu beziehen. Warum fehlt das so oft?

  5. Das Geschrei bei Online-Werbung war immer schon groß. Gratis und am besten sofort, so soll es im Internet aussehen. Bitte keine Werbung. Das Problem kenne ich schon seit 15 Jahren, als ich mit meiner ersten Bücherseite online ging. Als ich mich darauf konzentrierte, nur thematisch passende Werbung einzublenden – war ein hoher Aufwand – wuchs die Akzeptanz. Bei Printmedien wird die Werbung auch „toleriert“ oder eben überblättert. Aber dadurch finanziert sich ein Magazin zu einem großen Teil. Daher sollte man es auf Webseiten auch tolerieren, damit das Angebot weiterin bestehen bleiben und vielleicht ausgebaut werden kann.